Geschichte

„Tief ist der Brunnen der Vergangenheit“

aus: Joseph und seine Brüder von Thomas Mann


Thomas Mann spricht davon, dass die Vergangenheit unergründlich sei, ebenso wie die Gegenwart. Dennoch sei ein Verständnis der Gegenwart ohne ein Wissen der Vergangenheit nicht möglich.


Wenn aber von Vergangenheit die Rede ist, dann nicht wie von etwas Totem und Vergessenem, sondern wie von etwas, dass wir alle in uns tragen, etwas, dass die Gegenwart inspiriert und die Zukunft erstrebenswert macht. Ohne dieses Wissen und Erinnern ist kein menschenwürdiges Morgen möglich.


Würden wir nun aber zwischen Vergangenheit und Geschichte ein Gleichheitszeichen setzen, müssten wir verzweifeln, ob der unübersichtlichen Fülle an Zeugnissen (Briefe, Akten, Denkmäler usw.) einer vergangenen Gegenwart. Je näher wir uns an unserer Gegenwart bewegen, desto unübersichtlicher wird es, denn die Zeugnisse der Vergangenheit werden immer zahlreicher.

Historiker haben somit zweierlei Glück: Geschichte ist nicht gleich zu setzen mit der Vergangenheit, sondern nur mit dem, was Menschen über die Vergangenheit erzählen. Diese Erzählungen sind wiederum an Perspektiven gebunden und enthalten zahlreiche Urteile:

  • Was ist ein Ereignis?
  • Welche Ereignisse sind relevant, welche nicht?
  • Welche Beziehungen können wir zwischen Ereignissen erkennen bzw. herstellen?
  • Legen wir den Fokus bei unser Betrachtung auf die Persönlichkeiten oder untersuchen wir gesellschaftliche, wirtschaftliche, soziale oder politische Entwicklungen?

Aus diesen Fragen folgt die Erkenntnis, dass historische Objektivität nur näherungsweise erreichbar ist. Die Arbeit mit Zeugnissen der Vergangenheit ist dementsprechend niemals abgeschlossen.


Die Bezugswissenschaft des Faches Geschichte in der Schule ist die Geschichtswissenschaft. Die Methoden des historischen Arbeitens an Quellen und Darstellungen schriftlicher und nichtschriftlicher Art werden von dort übernommen und finden sich in einer an die Jahrgangsstufe und die Kursart angepassten Weise im Unterricht wieder. Die Schüler*innen sollen lernen den eingangs dargestellten Konstruktcharakter von Geschichte zu erkennen und zu hinterfragen und durch eigene Erzählungen auf der Basis von Quellenarbeit Geschichte zu rekonstruieren. Sie sollen dazu angeregt werden, sich mit den unterschiedlichsten Geschichtsquellen zu beschäftigen:

  • Besuch von Gedenkstätten, z.B. das KZ Neuengamme,
  • Besuch von historischen Museen,
  • Befragung von Zeitzeugen,
  • historische Bauwerke in der Umgebung der Schule oder
  • die Recherche im Internet

Die Arbeit von Historikern können wir in der Schule hierbei nur annähernd beleuchten, das geschichtliche Wissen wird sich daher wesentlich auf Darstellungen beziehen, die den gegenwärtigen Forschungsstand spiegeln. Ein Fokus liegt dabei auf der Multiperspektivität, der sich dadurch äußerst, dass Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven, z.B. Nationen, Personen usw., betrachtet werden.


Des Weiteren übernimmt das Fach Geschichte einen wichtigen Beitrag zur historisch-politischen Bildung. So können die Schüler*innen lernen ihr Geschichtsbewusstsein zu reflektieren und historische Deutungen rational zu prüfen und Stellung zu beziehen. Geschichtsbewusstsein ist eine meist unbewusste Instanz, die sich aus verschiedensten Urteilen, Halbwissen, geschichtlichem Wissen, Deutungen und Erinnerungen zusammensetzt. Auch verhilft das Bewusstsein dazu die Gegenwart historisch zu relativieren – im positiven wie auch im negativen Sinne. Denn nichts muss so sein, wie es jetzt ist. Es war anders und es kann auch anders werden.


Dies alles funktioniert nur, wenn ein solides historisches Grundwissen zur europäischen Geschichte aufgebaut wird.

In der Sekundarstufe I ist ein chronologischer Gang durch die Geschichte vorgesehen. Er beginnt mit der Entstehung der Menschen (Weltkunde, Klasse 5/6) und endet mit der Wiedervereinigung und der Gründung der Europäischen Union (Klasse 9). Die Jahrgangsstufe 10 dient der inhaltlichen und methodischen Vertiefung.


In der Oberstufe wird unter der Betrachtung verschiedener Oberthemen längsschnittartig vorgegangen. Themen sind:

Einführungsjahrgang

  • Vergangenheit und Gegenwart, Begegnungen von Kulturen und Wandel von Wirtschaft und Gesellschaft,

Qualifikationsphase 1

  • Die Menschenrechte aus universal-historischer Perspektive und Nationale Identitäten seit dem 19. Jahrhundert

Qualifikationsphase 2

  • Diktatur und Demokratie im Zeitalter der Extreme sowie Dauerhafter Frieden – eine Utopie?


Die Fachschaft Geschichte


Share by: